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Kein allgemeiner Anspruch auf Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht wegen der aktuellen Pandemielage (Covid-19)

- Erschienen am 09.09.2020 - Pressemitteilung 007.20

Kein allgemeiner Anspruch auf Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht wegen der aktuellen Pandemielage (Covid-19)

Die Eltern zweier sieben und neun Jahre alten Kinder, die derzeit eine Grundschule besuchen, beantragten bei der Grundschule sowie dem staatlichen Schulamt die Befreiung vom Präsenzunterricht. Sie begründeten den Befreiungsantrag mit der auf Grund der Corona-Pandemie bestehenden Gefahrenlage und der Furcht vor Ansteckung.

Grundschule und Schulamt wiesen auf die bestehende Schulpflicht hin. Weiter forderten Grundschule und Schulamt die Eltern auf, eine evtl. bestehende besondere Gefährdung (sog. Risikopersonen) durch die Vorlage entsprechender ärztlicher Atteste nachzuweisen. Da durch die Eltern nicht nachgewiesen wurde, dass sie oder ihre Kinder einer Risikogruppe angehören und keine Atteste vorgelegt wurden, lehnten Grundschule und Schulamt die Befreiung ab. Da die Kinder fortgesetzt dem Präsenzunterricht fernblieben, wurde eine Schulversäumnisanzeige erstattet.

Die Eltern haben (als Vertreter für ihre Kinder) am 25. August 2020 beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) einstweiligen Rechtschutz (Eilrechtschutz) beantragt.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hat mit Beschluss vom 28. August 2020 (Aktenzeichen VG 1 L 435/20) den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes abgelehnt. Zur Begründung des Beschlusses führte das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) aus, dass die Antragsteller weder einen Anspruch auf Freistellung vom Präsenzunterricht aus § 36 Abs. 4 des Brandenburgischen Schulgesetzes noch aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 GG haben. Das Land Brandenburg habe Regelungen zur Eindämmung der Pandemie getroffen, die dazu beitragen, eine Ausbreitung des Virus auch im schulischen Bereich einzudämmen und das Risiko einer Ansteckung möglichst gering zu halten. Auf der Grundlage der SARS-CoV-2-Umgangsverordnung wurden pandemiebedingte Regelungen für Schulen im Regelbetrieb im Land Brandenburg getroffen. Diese umfassen die Mindestabstände zwischen dem pädagogischen Personal, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Innenbereich von Schulen und die Beachtung der allgemeinen Hygieneregeln und -empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Vorbeugung von Infektionen. Die Regelungen werden im Hygieneplan jeder einzelnen Schule konkretisiert. Diese Maßnahmen wurden geschaffen, um das Risiko einer Ansteckung für Schülerinnen und Schüler auf ein zumutbares Maß zu reduzieren. Weitergehende Schutzmaßnahmen sind verfassungsrechtlich nicht geboten. Insbesondere besteht ebenso wenig wie in anderen Lebensbereichen ein Anspruch, vor jeglichem (Rest)risiko verschont zu bleiben. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine Befreiung vom Präsenzunterricht für sogenannte Risikopersonen zu erhalten.
Die Antragsteller konnten sich jedoch nicht darauf berufen, einer Risikogruppe anzugehören. Die Befreiung vom Präsenzunterricht aus medizinischen Gründen ist durch ein ärztliches Attest nachzuweisen. Da die Antragsteller kein Attest eingereicht haben, mit dem nachgewiesen wird, dass sie selbst oder ein Haushaltsangehöriger einer Risikogruppe angehört, lagen die Voraussetzungen für die Befreiung vom Präsenzunterricht aus medizinischen Gründen nicht vor.
Gegen den Beschluss ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28. August 2020, VG 1 L 435/20