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Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) verpflichtet das Staatliche Schulamt im einstweiligen Rechtschutzverfahren (Eilverfahren), ein sechsjähriges Kind mit außergewöhnlicher Musikbegabung einstweilen von der Schulpflicht zu befreien

- Erschienen am 23.09.2020 - Pressemitteilung 008-20

Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) verpflichtet das Staatliche Schulamt im einstweiligen Rechtschutzverfahren (Eilverfahren), ein sechsjähriges Kind mit außergewöhnlicher Musikbegabung einstweilen von der Schulpflicht zu befreien
Für ein sechsjähriges schulpflichtiges Kind mit einer außergewöhnlichen Musikbegabung wurde beim zuständigen Staatlichen Schulamt die Befreiung von der Schulpflicht beantragt. Das Kind wäre im Hinblick auf die bestehende Schulpflicht verpflichtet gewesen, die erste Klasse einer Grundschule zu besuchen. Nachdem die von den Eltern des Kindes beantragte Befreiung von der Schulpflicht durch das Staatliche Schulamt abgelehnt worden war, wurde beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Eilverfahren) gestellt.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hat mit Beschluss vom 18. September 2020 (Aktenzeichen VG 1 L 413/20) dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der auf die vorläufige Befreiung des Kindes von der Schulpflicht gerichtet war, stattgegeben. Das Staatliche Schulamt wurde im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, das Kind bis zur Entscheidung in der Hauptsache - längstens aber bis zum Ende des Schuljahres 2020/2021 - von der Pflicht zum Schulbesuch zu befreien.
Zur Begründung des Beschlusses führte das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) aus, dass die Antragsteller, die Eltern des Kindes, einen Anspruch auf Freistellung des Kindes vom Präsenzunterricht gemäß § 36 Abs. 4 des Brandenburgischen Schulgesetzes hätten. Gemäß § 36 Abs. 4 des Brandenburgischen Schulgesetzes kann das staatliche Schulamt eine Schülerin oder einen Schüler auf Antrag der Eltern von der Pflicht zum Schulbesuch befreien, wenn ein wichtiger Grund dies rechtfertigt und eine entsprechende gleichwertige Förderung anderweitig gewährleistet ist. Die Förderung der musikalischen Hochbegabung des Kindes stelle einen derartigen wichtigen Grund im Sinne des § 36 Abs. 4 Brandenburgisches Schulgesetz dar, so die Begründung des Beschlusses. Im konkreten Einzelfall müsse der staatliche Erziehungsauftrag, der aus Art. 7 Abs. 1 Grundgesetz abgeleitet werde, gegen das Recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (Elterliche Sorge) abgewogen werden. Hier sei zu berücksichtigen, dass das Kind musikalisch hochbegabt sei. Das Kind habe Konzerte im In– und Ausland absolviert und bereits an zahlreichen Wettbewerben im In- und Ausland teilgenommen. Es erhalte eine individuell angepasste und umfassende musikalische Ausbildung, die sehr zeitintensiv sei. Ein regelmäßiger Grundschulbesuch sei daher nicht möglich. Die für die Befreiung von der Schulpflicht notwendige gleichwertige Förderung in nicht-musikalischen Bereichen sei gegeben. Die Eltern des Kindes würden ihm täglich Unterrichtsstoff vermitteln. Das Kind weise in den wesentlichen Unterrichtsfächern der ersten Klasse einen Wissenstand auf, der über den zu vermittelnden Lernstoff hinausgehe. Zur Kontrolle des Lernstandes stehe es dem Staatlichen Schulamt frei, geeignete Leistungskontrollen durchzuführen.
Gegen den Beschluss ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Beschluss vom 18. September 2020, VG 1 L 413/20