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Geschäftslage im Jahr 2019 bei dem Verwaltungsgericht Potsdam

- Erschienen am 16.01.2020 - Presemitteilung 01/2020

Das Jahr 2019 war für das Verwaltungsgericht Potsdam einerseits durch ein in etwa ausgewogenes Verhältnis von Neueingängen und Erledigungen, andererseits aber erwartungsgemäß durch eine erhebliche Verschlechterung der Altersstruktur der unerledigten, aus den Vorjahren stammenden Streitsachen geprägt. Im Einzelnen:

Eingänge: Im Jahr 2019 sind insgesamt 4.883 Verfahren* (davon 1.042 Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) neu eingegangen. Damit hat sich die Eingangslast gegenüber dem Vorjahr (5.454 Eingänge) deutlich weiter verringert. Dies liegt an der Entwicklung bei den Asylsachen: In 2019 sind 1.825 Asylsachen neu eingegangen, im Vorjahr gab es hingegen noch 2.326 Asyleingänge (2017: 4.575 Asyleingänge).

Erledigungen: Erledigt werden konnten 2019 insgesamt 4.788 Verfahren (davon 1.715 Asylsachen). Dies ist unter Berücksichtigung der hohen Eingangs- und vor allem  Bestandslast bei der gegebenen Personalausstattung ein sehr gutes Ergebnis. Erstmals seit Jahren ist damit wieder ein annähernd ausgeglichenes Verhältnis zwischen Neueingängen und Erledigungen zu erzielen gewesen.

Personalausstattung und -bedarf: Der Personalbestand belief sich Ende 2019 auf 43,80 Richterarbeitskräfte. Dies stellt gegenüber dem Personalbestand von Ende 2018 (41,60) eine Verbesserung um etwas mehr als zwei Richterarbeitskräfte dar. Die Personalausstattung genügt damit nunmehr dafür, die aktuelle Eingangslast zu bewältigen, was absehbar auch in 2020 der Fall sein dürfte. Das Gericht hat jedoch mit den Folgen der extrem hohen Eingänge vor allem in den Jahren 2016 und 2017 zu kämpfen, da hier seinerzeit mehr als 15 Richterarbeitskräfte fehlten. Die Konsequenz ist ein Berg an unerledigten und (teils stark) überalterten Streitsachen. Die nur für die Neueingänge auskömmliche Personalausstattung genügt nicht dazu, diesen hohen Bestand so zeitnah abzuarbeiten, wie das zur Gewährleistung effektiven – zügigen – Rechtsschutzes wünschenswert und geboten wäre.

Bestände und Altverfahren: Der Bestand an unerledigten Streitsachen erhöhte sich per Ende 2019 auf 9.518 anhängige Verfahren und damit in vergleichsweise geringem Ausmaß (Ende 2018: 9.430).

Die Altersstruktur der anhängigen Streitsachen hat sich im Jahr 2019 dramatisch weiter verschlechtert. Von den Ende 2019 anhängigen 9.518 Verfahren waren

  • 1.352 Verfahren (14,2 %) älter als drei Jahre,
  • 4.379 Verfahren (46 %) älter als zwei Jahre und
  • 625 Verfahren (69,6 %) älter als ein Jahr.

 Verfahrenslaufzeiten bei Klageverfahren: Die 2019 erledigten Klageverfahren (einschließlich Asyl) weisen im Durchschnitt eine Laufzeit von 18,3 Monaten auf (bei streitiger Entscheidung wie insbesondere durch Urteil: 25,5 Monate, bei unstreitiger Entscheidung wie etwa durch Vergleich, Klagerücknahme oder Hauptsachenerledigung: 15,2 Monate); in 2018 lag die durchschnittliche Laufzeit noch bei 14,3 Monaten.

Verfahrenslaufzeiten bei Eilverfahren: Eilverfahren sind 2019 im Durchschnitt nach 2,8 Monaten erledigt worden; dies stellt gegenüber dem Vorjahr (3,9 Monate) eine deutliche Verbesserung dar. 

Der Präsident des Verwaltungsgerichts, Dr. Jan Bodanowitz, zieht dieses Fazit: 

„Die Situation des Verwaltungsgerichts Potsdam ist auch aktuell noch durch eine erhebliche Schieflage geprägt. Dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf ein zügiges Verfahren (Artikel 52 Absatz 4 der Landesverfassung) konnte das Verwaltungsgericht Potsdam im Jahr 2019 in vielen Fällen nicht gerecht werden. An dieser Feststellung führt angesichts des Bestandes von 6.625 Verfahren, die schon seit mehr als einem Jahr unerledigt sind – darunter 4.379 länger als zwei Jahre anhängige Sachen –, leider kein Weg vorbei.

Die Aussichten sind aber durchaus positiv. Die Stellenausstattung des Verwaltungsgerichts Potsdam ist in 2019 nämlich stark verbessert worden: Ende 2019 verfügte dieses Gericht über 54 Richterplanstellen (davon sechs noch nicht besetzte Stellen), Ende 2018 waren es noch lediglich 45 Planstellen. Auf dieser Grundlage konnten gegen Ende des Jahres 2019 zwei neue Kammern eingerichtet werden. Insgesamt acht Richterinnen und Richter haben ihren Dienst bei dem Verwaltungsgericht Potsdam in 2019 neu angetreten, mehrere Richterinnen und Richter sind aber auch zeitweilig (durch Abordnungen) oder auf Dauer (wie durch Beförderung oder Ruhestand) aus dem Dienst hier ausgeschieden. Entscheidend für die weitere Entwicklung bleibt nun, dass die aktuell noch freien sowie die künftig – etwa durch Beförderungen oder Pensionierungen – absehbar frei werdenden Planstellen zügig besetzt werden. Dies wird aller Voraussicht nach auch so geschehen: Die Besetzungs­verfahren für die freien Vorsitzendenstellen laufen bereits seit dem letzten Jahr. Und ganz aktuell hat das Ministerium der Justiz auch eine Ausschreibung zur Einstellung von mehreren weiteren Proberichterkräften für alle drei Verwaltungsgerichte des Landes auf den Weg gebracht. Kann in der Folge die Anzahl der tatsächlich tätigen Richterkräfte am Verwaltungsgericht Potsdam substantiell weiter erhöht werden, ist das ein wesentlicher Baustein dafür, insbesondere auch die schon verfassungskritisch überalterten Verfahrensbestände in den Griff bekommen zu können.“

* Zahlenangaben – auch im Folgenden – einschließlich sog. sonstiger Verfahren, die in der amtlichen Justizstatistik außer Betracht bleiben, sowie einschließlich des Berufsgerichts für Heilberufe.