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Klage eines privaten Grundstückseigentümers gegen bergrechtliche Anordnung wegen Rutschungsgefahr erfolgreich

- Erschienen am 20.07.2022 - Pressemitteilung 011-22

Die Klägerin, eine private Grundstückseigentümerin, wendet sich gegen einen die Nutzung ihres Grundstücks einschränkenden Bescheid des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe.

 Zum Hintergrund: Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) führt als bergrechtlich verantwortlicher Unternehmer auf der Grundlage von Abschlussbetriebsplänen Maßnahmen zur Wiederurbarmachung von Tagebauen durch, die vor 1990 betrieben wurden.

 Der LMBV wurde mit Verfügung des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe vom 15. Oktober 2010 wegen erheblicher Setzungserscheinungen im Bereich des Abschlussbetriebsplanes Schlabendorfer Felder aufgegeben, die Kippenbereiche zu überprüfen und, sofern nach der Prüfung für Kippenbereiche Tagesbruchgefährdungen nicht ausgeschlossen werden können, die sich daraus ergebenden Sperrbereiche bzw. Nutzungseinschränkungen festzulegen. Infolge der Überprüfungen wurden die gefährdeten Bereiche durch die LMBV neu festgelegt und entsprechende Abgrenzungen (Schilder mit dem Vermerk: Betreten verboten Lebensgefahr) aufgestellt.

 Zur Klägerin: Die abgesperrten und mit Schildern gekennzeichneten Bereiche betreffen auch ein im Eigentum der Klägerin stehendes Grundstück. Verhandlungen über einen Ausgleich für die Nutzungseinschränkungen mit der LMBV scheiterten.

 Die Klägerin erklärte daraufhin die Sperrungen nicht mehr zu beachten und die Schilder, die auf ihrem Grundstück stehen, beseitigen zu wollen.

 Zum Verfahren: Mit Bescheid vom 15. August 2018 gab das Landesamt der Klägerin auf, die von der LMBV festgelegten Sperrbereiche bzw. Nutzungseinschränkungen zu dulden und einzuhalten. Dagegen erhob die Klägerin Klage insbesondere mit der Begründung, die Entziehung des Eigentums oder des Besitzes sei ein Hoheitsakt, der nur von der Behörde ausgeübt werden könne. Die LMBV als GmbH habe gegenüber dem Bürger keinerlei Hoheitsbefugnisse. Die Entziehung bzw. die Beschränkung des Eigentums durch diese erfolge ohne hinreichende Legitimation. Das beklagte Landesamt wiederum sei zwar eine Behörde, es fehle ihm aber an einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage, der Klägerin gegenüber als einer Privatperson eine Besitzentziehung anzuordnen.

 Der Beklagte ist dagegen der Auffassung, derartige Maßnahmen könnten nach den einschlägigen bergrechtlichen Vorschriften verfügt werden. Bei einer bestehenden Gefahrenlage für Dritte außerhalb des Betriebes könne anderweitig nicht rechtzeitig und effizient der Gefahr begegnet werden.

 Die Entscheidung: Die Klage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 23. Juni 2022 hob das Gericht den angefochtenen Bescheid des Landesamtes auf und führte zur Begründung aus, dass das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe nicht auf der Grundlage einer sogenannten „Duldungsverfügung“ den Grundeigentümer verpflichten kann, ein von der LMBV festgesetztes Sperrgebiet nicht zu betreten. Eine Duldungsverfügung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften könne nicht für eine Nutzungseinschränkung erlassen werden, die von einem privatrechtlich organisierten Unternehmen – hier der LMBV -  ausgesprochen wurde. Auch könne der Klägerin - einer privaten Grundstückseigentümerin - nicht aufgrund bergrechtlicher Vorschriften untersagt werden, ihr Grundstück nicht zu betreten bzw. die vom Bergbauunternehmer festgelegten Sperrbereiche zu beachten. Die einschlägigen bergrechtlichen Vorschriften würden lediglich eine Ermächtigung für Maßnahmen gegenüber dem Bergbautreibenden enthalten.

 Ob das Landesamt auf Grund anderer, insbesondere ordnungsrechtlicher Vorschriften Sperrungen anordnen könnte, brauchte anlässlich dieses Verfahrens nicht entschieden zu werden. Denn das landesrechtliche Ordnungsrecht steht dem Landesamt nur für diejenigen Bereiche zur Verfügung, die aus der Bergaufsicht entlassen wurden, was hier nicht der Fall ist.

 Da das Verfahren grundsätzliche Fragen, insbesondere hinsichtlich der sich aus dem Bergrecht ergebenden Befugnisse, aufwirft, hat das Gericht die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen (Urteil vom 23. Juni 2022 – 3 K 143/18 -).

 Dr. Nocon